Projektleitung:

Technische Universität München

Update Dezember 2021

Der Klimawandel betrifft die Landwirtschaft in besonderer Weise. In diesem Zuge kommt der Landwirtschaft eine entscheidende Rolle in der Klimawandelmitigation zu, während gleichzeitig die Produktivität und die wirtschaftliche Nachhaltigkeit landwirtschaftlicher Betriebe gesichert werden muss. Der im Teilprojekt 4 entwickelte Ansatz zur Messung und Analyse betriebsspezifischer THG-Emissionen liefert in diesem Kontext wichtige Erkenntnisse zum Trade-Off zwischen wirtschaftlichen Erlösen und Treibhausgasemissionen (Abbildung 1). So konnte festgestellt werden, dass bei unterschiedlichen Betriebstypen und –formen ein erhebliches THG-Minderungspotential besteht, ohne dass wirtschaftliche Einbußen notwendig sind. In einer weiteren Analyse wurde dieser Trade-Off zwischen intensiven und extensiven landwirtschaftlichen Betrieben evaluiert. Es zeigte sich, dass extensive Betriebe deutlich mehr Einsparungspotenzial haben, intensivere Betriebe allerdings ein günstigeres Verhältnis von wirtschaftlichen Erlösen und Treibhausgasen vorweisen können. Alles in allem konnte gezeigt werden, dass sich wirtschaftliche Nachhaltigkeit und Klimaschutz nicht grundsätzlich gegenseitig ausschließen.

 

Abbildung 1. Überblick über die Vorgehensweise zur parallelen Evaluierung von Treibhausgasvermeidung und Wirtschaftlichkeit bayerischer landwirtschaftlicher Betriebe.

Im Zuge einer Umwelt- und klimafreundlichen Landwirtschaft kommen freiwilligen Agrarumweltmaßnahmen (AUMs) eine zunehmend wichtige Rolle zu. Mittels eines innovativen Machine-Learning Algorithmus zur Kausalanalyse konnten wir zeigen, dass die Teilnahme an Agrarumweltmaßnahmen nur in wenigen Fällen eine weitreichende positive Wirkung auf die ökologische Nachhaltigkeit landwirtschaftlicher Betriebe entfaltet (Stetter, Menning, Sauer, 2020). So konnte bei keinen Betrieben eine Minderung der THG-Emissionen ermittelt werden, und nur bei rund einem Drittel der Betriebe konnte eine Verringerung der Düngeintensität festgestellt werden, während es bei ca. der Hälfte der Betriebe zu einer leichten Verbesserung der Landnutzungsdiversität kam. Außerdem konnten räumliche Muster aufgedeckt (Abbildung 2) und Empfehlungen zu einem verbesserten Targeting von Betrieben abgeleitet werden, welches die Kosteneffizienz solcher Agrarumweltmaßnahmen deutlich verbessern könnte.

Abbildung 2. A: Durchschnittliche Agrarumweltzahlungen pro Hektar auf Landkreisebene. B: Teilnehmerquote an Agrarumweltmaßnahmen. C: Prozentualer Anteil an landwirtschaftlichen Betrieben, für die positive Umwelteffekte in mindestens einem der vier Umweltindikatoren (Düngerintensität, Pflanzenschutzintensität, THG-Emissionen und Landnutzungsdiversität) gemessen werden konnte. D: Prozentualer Anteil an landwirtschaftlichen Betrieben, für die negative Umwelteffekte in mindestens einem der vier Umweltindikatoren (Düngerintensität, Pflanzenschutzintensität, THG-Emissionen und Landnutzungsdiversität) gemessen werden konnte.

Im Rahmen von Klimaadaptation und –mitigation in der Landwirtschaft werden Agroforstsysteme großes Potenzial zugesprochen. Bisher kaum vorhanden in Bayern, können solche Landnutzungssysteme, die Forst- und Landwirtschaft kombinieren, sowohl robust gegenüber Extremwetterereignissen sein als auch wichtige Ökosystemleistungen bereitstellen. In unserer Analyse konnten wir quantifizieren, dass Landwirt:innen grundsätzlich skeptisch gegenüber solcher Systeme sind. Allerdings können Politikinterventionen und das Auftreten von Extremwetterereignissen dazu führen, dass die Bereitschaft zur Kultivierung von Agrarforstsysteme erheblich ansteigt. Die geringe Akzeptanz der Agroforstwirtschaft spiegelte sich auch in den Ergebnissen der robusten Landnutzungsoptimierung wider. Hier fehlten KUPs im Landnutzungsportfolio, welches für risikoaverse und gewinnorientierte Landwirt:innen optimiert wurde (dieses Portfolio besteht stattdessen aus Kartoffeln, Zuckerrüben, Winterraps und Körnermais, siehe Abb. 1A). Unsere Analyse zeigte, dass höhere Hackschnitzelpreise erforderlich sind, um KUPs für risikoaverse Landwirt:innen attraktiv zu machen. Wenn die Landwirt:innen jedoch auch ökologische Ziele betrachten (multifunktionale Perspektive, Abb. 1A), werden KUPs mit einem 24% Flächenanteil im optimierten Landnutzungsportfolio aufgenommen. Dies unterstreicht das Potenzial von KUPs, Stickstoffdünge- und Pflanzenschutzmittelbedarf eines Betriebes zu verringern, sowie die Kohlenstoffspeicherung im Boden zu verbessern. Daher können KUPs unter multifunktionalen und ökologischen Gesichtspunkten eine Bereicherung für bayerische Ackerbaubetriebe darstellen. Zudem legen unsere Ergebnisse nahe, dass KUP den finanziellen Verlust stark reduzieren können, mit dem Landwirt:innen konfrontiert sind, wenn sie von einer reinen ökonomischen Zielsetzung zu einer multifunktionalen Perspektive wechseln (Abb. 1B). Demzufolge stellt die Einbeziehung von KUP in ein diversifiziertes Betriebsportfolio eine kosteneffiziente Strategie für den Wandel zur multifunktionalen Landwirtschaft dar. Durch eine räumliche Analyse konnten die optimierten Ackerportfolios erfolgreich in einer Beispiellandschaft (Oberbayern) zugeordnet werden (Kloibhofer, 2021).

Abbildung 3. A: Ackerportfolios optimiert für einen risikoscheuen und gewinnorientierten (links) oder multifunktionalen (rechts) Entscheidungsträger. B: Unterschied zwischen dem Deckungsbeitrag vom gewinnorientierten Portfolio (rote Linie) und den Deckungsbeiträgen der multifunktionalen Portfolios mit und ohne KUP. Die Pfeile stellen den finanziellen Trade-off der multifunktionalen Perspektive dar.

Ziele des Teilprojekts

Wir werden Entwicklungen der Landnutzung in Bayern einerseits rückblickend und andererseits in die Zukunft schauend analysieren. Die bisherigen Veränderungen der bayerischen Landschaft werden anhand von Fernerkundungsmethoden untersucht. Aufbauend auf Prognosen des klimasensitiven Ökosystemmodells LPJ-GUESS (Teilprojekt 1) werden Entscheidungen der Land- und Forstwirte über die zukünftige Landnutzung modelliert.

Uns interessiert beispielsweise, wie Land- und Forstwirte ihre Ressourcen (z.B. Landflächen) verschiedenen Nutzungsoptionen zuordnen. Zur Abschätzung der Landverteilung auf Landnutzungsoptionen kommen moderne Landnutzungsmodelle auf der Ebene repräsentativer landwirtschaftlicher Modell-Höfe bzw. für repräsentative Modell-Forstbetriebe zum Einsatz. Eingangsinformationen für diese Modelle sind beispielsweise die Produktivität und deren Schwankungen, Marktpreisentwicklungen, Ernteausfälle oder Kalamitäten im Wald. Analysen zu Zielkonflikten z.B. zwischen Produktivität und Biodiversität bzw. Multifunktionalität bilden einen inhaltlichen Schwerpunkt des Forschungsansatzes. Die schon existierenden Modellierungsansätze werden dazu zu einer Optimierung unter multiplen Zielsetzungen erweitert, um so Ökosystemleistungen bzw. Umweltprobleme (z.B. Erosion, bzw. übermäßiger Einsatz von Gülle) aktiv in den Optimierungsprozess zu integrieren. Die Ergebnisse schließen sowohl vornehmlich ökonomisch getriebene als auch multifunktionale Entwicklungen (unter Berücksichtigung von Ökosystemleistungen) der zukünftigen Landnutzung in Bayern sowie die Bewertung alternativer Landnutzungsoptionen (Agroforstwirtschaft, Energieholzplantagen) ein.

Abbildung 4. Wie sehen optimale Landnutzungsstrategien für Bayern im Klimawandel aus? BLIZ erarbeitet für diese Fragen mögliche Szenarien. (Foto: Knoke/Rammig)